Auswirkungen eines offensichtlich nicht ordnungsgemäßen Zeugnisses auf die Zwangsvollstreckung

Urteil des LAG Hessen, Az. 12 Ta 250/08:

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hessen mit dem Aktenzeichen 12 Ta 250/08 hat für Arbeitgeber weitreichende Bedeutung. Es betrifft die Frage, inwiefern ein offensichtlich nicht ordnungsgemäß erstelltes Arbeitszeugnis Auswirkungen auf die Abwehr einer Zwangsvollstreckung haben kann. Insbesondere, dass das LAG ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- Euro verhängt hat, zeigt, dass durch ein nicht ordnungsgemäßes Zeugnis die Zwangsvollstreckung nicht abgewendet werden kann.
Dieser Beitrag beleuchtet, was dieses Urteil für Arbeitgeber bedeutet und welche praktischen Konsequenzen daraus abzuleiten sind.

Hintergrund des Urteils

Im Fall des LAG Hessen ging es um eine arbeitsrechtliche Streitigkeit, bei der ein Arbeitnehmer aufgrund eines mangelhaften Arbeitszeugnisses eine Beschwerde beim Arbeitsgericht eingereicht hat. Der Arbeitnehmer hatte mit dem Arbeitgeber in einem vorgelagerten gerichtlichen Verfahren einen Vergleich geschlossen, wonach sich der Arbeitgeber verpflichtet hatte, ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen. Der Arbeitgeber erteilte sodann ein Arbeitszeugnis, in dem zumindest der Familienname des Arbeitnehmers falsch geschrieben und als Beendigungsdatum der 30.10.2007 statt des 31.10.2007 angegeben war. Der Arbeitnehmer argumentierte, dass ein solches Zeugnis nicht ausreiche, um die Zwangsvollstreckung abzuwenden. Das LAG Hessen gab dem Arbeitnehmer Recht und entschied, dass eine fehlerhafte Schreibweise im Arbeitszeugnis die Erfüllung des titulierten Zeugnisanspruchs verhindere und damit im Ergebnis auch die Zwangsvollstreckung möglich sei.

Die Kernaussage des Urteils

Das LAG Hessen stellte in seinem Urteil klar, dass ein offensichtlich nicht ordnungsgemäßes Arbeitszeugnis keinen Einfluss auf die rechtliche Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung hat. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Arbeitnehmer, der ein mangelhaftes oder unzutreffendes Zeugnis erhält, weiterhin berechtigt sein kann, die Zwangsvollstreckung einzuleiten, um ein ordnungsgemäßes Arbeitszeugnis zu erhalten.

Auswirkungen auf die Praxis

Für Arbeitgeber stellt dieses Urteil eine wichtige Orientierungshilfe dar. Arbeitgeber müssen sich bewusst sein, dass ein schlecht ausgestelltes Arbeitszeugnis in keinem Fall dazu verwendet werden kann, rechtliche Vollstreckungsmaßnahmen wie die Zwangsvollstreckung abzuwenden. Arbeitgeber sollten daher den rechtlichen Anforderungen an ein Arbeitszeugnis höchste Priorität einräumen, um nicht unnötige rechtliche Auseinandersetzungen oder zusätzliche Kosten zu riskieren. Im Ergebnis riskieren Arbeitgeber sogar, ein Zwangsgeld auferlegt zu bekommen. 

Hier sind einige wichtige Punkte, die Arbeitgeber beachten sollten:

  • Rechtssichere Zeugniserstellung:
    Arbeitszeugnisse sollten immer wahrheitsgemäß und wohlwollend formuliert werden. Arbeitgeber sollten sich darüber im Klaren sein, dass ein schlecht formuliertes Zeugnis rechtliche Folgen wie beispielsweise die Verhängung eines Zwangsgeldes nach sich ziehen kann. Daher sollte jedes Arbeitszeugnis eine objektive Darstellung der Arbeitsleistung und des Verhaltens des Arbeitnehmers enthalten. Zudem sollten insbesondere der Name des Arbeitnehmers korrekt geschrieben sein sowie das Beendigungsdatum dem wahren Beendigungsdatum entsprechen. 

  • Vermeidung von Streitigkeiten:
    Arbeitgeber sollten frühzeitig erkennen, wenn ein Arbeitszeugnis Anlass zu Streitigkeiten geben könnte. In solchen Fällen kann eine rechtzeitige Beratung durch einen Arbeitsrechtler dazu beitragen, mögliche Konflikte zu vermeiden und das Risiko von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu minimieren.

  • Forderungsmanagement:
    Das Urteil zeigt, dass Arbeitnehmer auch dann rechtlich dazu berechtigt sein können, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen, wenn das Arbeitszeugnis nicht den Vorstellungen entspricht. Dies bedeutet, dass Arbeitgeber sich nicht auf die formelle Streitigkeit um das Zeugnis verlassen sollten, sondern proaktiv ihre Forderungen und rechtlichen Verpflichtungen im Blick behalten müssen.

Fazit

Das Urteil des LAG Hessen (Az. 12 Ta 250/08) stellt für Arbeitgeber eine wichtige Erinnerung dar, dass ein nicht ordnungsgemäßes Arbeitszeugnis nicht als Mittel zur Verhinderung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen dient. Arbeitgeber sollten sich der rechtlichen Bedeutung von Arbeitszeugnissen bewusst sein und sicherstellen, dass diese korrekt und im Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen erstellt werden. Ein gut formuliertes und rechtssicheres Zeugnis schützt nicht nur den Arbeitnehmer, sondern kann auch das Unternehmen vor rechtlichen und finanziellen Risiken bewahren.

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